Vielen Autisten kann man es
sprichwörtlich an ihrem Verhalten ansehen, dass sie anders sind. Oft
wird der Blickkontakt zu anderen gemieden.
Aus meiner Sicht ist dies ein
Schutzmechanismus. Denn die Augen sind das Tor zur Seele. Das Leben schnürt einem Jeden einen Rucksack aus
Freude, Traurigkeit, Wut, Ohnmächtigkeit, Gleichgültigkeit,
Enttäuschung, … Das liesse sich endlos weiterführen.
Ein Augenkontakt öffnet das Tor zur
Gefühlswelt des Gegenübers - jahrelang angestaute Spuren an Eindrücken. Man stelle sich vor, welche Flut an
Gefühlen auf einem eindringt, wenn man einen Menschen nicht kennt
und wenn man diese Gefühle nicht sortieren kann. Gefühle sind für Autisten
schon schwierig genug. Es ist ein Buch mit sieben Siegeln. Ein
Augenkontakt fühlt sich an wie ein Dammbruch und der schmerzt in der Seele.
Auch wenn ich das Beobachten von Leuten
und ihrer Verhaltensweisen liebe, so meide ich dennoch den
Blickkontakt. Ich will nicht von jedem meiner Gegenüber die ganze
Gefühlswelt aufgetischt bekommen, ohne dass ich oder das Gegenüber
das möchte. Noch schlimmer, wenn die Gespräche mit diesen Leuten
und das Gefühlte aus dem Augenkontakt diametral auseinandergehen.
Das verwirrt nur. Wem soll man denn nun Glauben: den Augen oder den
Lippenbekundungen?
Zum Glück habe ich bis heute gelernt,
damit umzugehen – den Augenkontakt zu suchen, aber nur flüchtig,
meine Schranken hochzuziehen, bevor mich der Schwall aus Gefühlen
treffen kann.
Und dennoch, wenn man den Leuten, die
man mag, in die Augen blickt, dann geniesst man den Augenkontakt.
Denn da ist man mit der Geschichte der Personen vertraut und
kann mit den aufgetischten Gefühlen umgehen.
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