Anomalie - Zyklus Thorben Perth

Donnerstag, 9. Juli 2015

Gegen den Strom

Als Autist ist es schwierig, im Gleichschritt mit den anderen Menschen zu gehen. Zu vieles ist zu unlogisch und unerklärbar. Da regt sich in der Natur der eigenen Denkweise Widerstand.

Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, wieso man gegen den Strom schwimmt, koste was es wolle, bis zur Selbstaufgabe. Bei manchen mag dies wie Sturheit vorkommen, doch das liegt in der Logik der Sache: Wieso soll man wie ein Lemming mit den anderen den Wasserfall hinunterfallen, der doch in der nahen Zukunft auf einem wartet?

Man sieht so vieles auf einem zukommen im Leben, das vorhersehbar ist oder zumindest eine reelle Chance hat, einzutreten. Deshalb sucht man sich ja auch aus jeder Situation über einen Umweg eine Abkürzung.

Was am Anfang noch schwierig ist, entwickelt sich über die Zeit als ein ausgeklügeltes System. Niemand hat die Energie, ständig gegen den Strom zu schwimmen. Man lernt, im richtigen Moment zur Seite oder leicht schräg gegen die Strömung anzukämpfen, um Energie zu sparen. Ein gesunder Hang zu Faulheit zahlt sich eben aus. In toten Winkeln kann man sich erholen und als Belohnung winkt auch ab und zu das rettende Ufer.

Das Schwierigste ist jedoch, nur so gegen den Strom zu schwimmen, dass man sich nicht zu sehr von der Gesellschaft abkapselt und so als Spinner oder Querulant abgestempelt wird. Man muss auch lernen, sich manchmal treiben zu lassen und abzuwarten. Das sind die Zeiten, in denen man die Strömung studieren kann und genau sieht, wann der nächste Wasserfall kommt. Dann ist es Zeit, ans Ufer zu gehen und den Wasserfall zu umgehen.

Wenn ich also nicht immer das tue, was andere von mir erwarten, so hat dies auch durchaus seinen Grund. Darin sind sich Anomalie, mein Hauptcharakter in meinen Büchern, und ich sehr ähnlich. Wir beide wagen bewusst oder unbewusst den Blick in die Zukunft, um sich vor Enttäuschungen zu bewahren.